Lebendige Eisenbahngeschichte

Kurzbericht zum Vortragsabend über das Rottenburger Bockerl (6. Juni 2024)

Am 5. September 1987 fuhr erstmals nach 13 Jahren wieder ein Schienenbus anlässlich einer Sonderfahrt auf der Strecke (Foto: Wolfgang Treppesch)
Am 5. September 1987 fuhr erstmals nach 13 Jahren wieder ein Schienenbus anlässlich einer Sonderfahrt auf der Strecke (Foto: Wolfgang Treppesch)

Am Donnerstag, den 6. Juni organisierte unser Verein einen Vortragsabend, der an das Rottenburger Bockerl erinnern sollte. Anlass war das Ende des Reisezugverkehrs nach Rottenburg vor 50 Jahren. 

Über 160 Teilnehmer

bild 1

„Wir haben mit viel Interesse am Thema gerechnet, aber mit so viel nicht“ meinte der Vorsitzende des Vereins, Walter Huber angesichts von über 160 Teilnehmern bei der Eröffnung der Veranstaltung. 

Geschichte der Mobilität als wichtiges Thema

Vorsitzender Walter Huber mit dem Referenten des Abends Stefan Zwingenberger. (Foto: Verein für Heimatgeschichte)Huber verwies einleitend auf die Bedeutung des Themas Schienenverkehr, sei es bezogen auf die Industrialisierung des 19. Jahrhunderts oder auch auf die großen Themen der Geschichte des 20. Jahrhunderts, wie etwa den Ersten und Zweiten Weltkrieg. Mit dem Vortrag von Stefan Zwingenberger biete sich, so Huber in seiner Einführung, nun die Möglichkeit, ein für den Verein völlig neues Desiderat, die Geschichte der Mobilität auf lokalhistorischer Ebene anzugehen.

Als Referent konnte Stefan Zwingenberger aus Oberotterbach gewonnen werden, der selbst Lokführer bei der Regentalbahn AG ist und in seiner Freizeit ein passionierter Eisenbahn-Historiker. 

 

120 Fotos – Archivalien – Spannender Vortrag

  • Ab den 1860er Jahren wurde die Idee einer Hauptbahn von Landshut nach Ingolstadt über Pfeffenhausen aufgegriffen, 1894 aber durch Minister von Crailsheim ad acta gelegt. 
  • Stattdessen wurde der Bau einer Nebenbahn nach Pfeffenhausen anvisiert. Auf Drängen Landshuts wurde anstatt der Strecke Eggmühl-Pfeffenhausen, wie vom damaligen Bezirk Rottenburg gewünscht, die Strecke Landshut Rottenburg realisiert. 
  • Am 31. Oktober 1900 konnte nach einer Rekordbauzeit von nur einem Jahr die 27,5 km lange und 1.378.165 Mark teure Lokalbahn feierlich eröffnet werden. Die Fahrzeit von Rottenburg nach Landshut betrug 1,5 Stunden. 

Überlanger Zug bei Ankunft von Pflückern für die Hopfenernte in Pfeffenhausen. (Foto: Marktarchiv Pfeffenhausen)

Erster und Zweiter Weltkrieg als starke Einschnitte für den Lokalbahnverkehr. Ebenso der Individualverkehr ab den 1950er Jahren.

  • 1966 betrug die Zahl der Fahrgäste pro Tag noch 1000, wodurch nur noch 45 Prozent der jährlichen Kosten gedeckt werden konnten. 
  • Trotz 220.000 Fahrgästen jährlich wurde der Reisezugverkehr mit dem Fahrplanwechsel vom 26. Mai 1974 eingestellt. Statt eines Zuges fuhren nun hintereinander drei Bahnbusse. 

Zwingenberger berichtete auch ausführlich über die sukzessive Einstellung des Güterverkehrs und Sonderfahrten ab Ende der 1980er Jahre.

Anfang März 2003 waren die Schienen zwischen Rottenburg und Neuhausen entfernt. Sonderfahrten der Bayernbahn GmbH Nördlingen fanden auf der Reststrecke noch zwischen 2013 und 2017 statt.

Neugierig wurde im Oktober 1955 die Ankunft des neuen Schienenbus bewundert, welcher die bisherigen Dampfzüge ablöste. (Foto: Marktarchiv Pfeffenhausen)

Wichtig war Zwingenberger auch, dass bereits verstorbene Eisenbahnenthusiasten zu Wort kamen!

Nach Zwingenberger passe der Vortrag zum Pfeffenhausener Verein für Heimatgeschichte, weil sich die Dokumentation der letzten Reisezüge vier Pfeffenhausener Bürgern (Roßmaier, Auer, Dokopil, Kuntschner) verdankt. Unter Regie von Pfarrer Josef Roßmaier hatten sich diese mit einer Super 8 Ausrüstung daran gemacht diese filmisch festzuhalten. Der Film mit dem Titel „Die letzten Tage. Erinnerungen an ein geliebtes Wesen“ wurde am Ende der Veranstaltung gezeigt. 

Das Urheberrecht liegt nach wie vor beim ehemaligen Pfeffenhausener Pfarrer Josef Roßmaier.